von Alexander Mock

Der Brauch, im Herbst nach der Ernte Dankopfer zu bringen wurde schon von den alten Griechen praktiziert. Wir Christen pflegen diese Feiern bereits ab dem Mittelalter. Zu dieser Zeit wurden bei Messen Brot und Feldfrüchte gesegnet. Friedrich der Große führte im Jahr 1773 den Erntedanktag in Preußen offiziell als Fest ein. Er setzte dazu auch gleich das Datum mit fest, nämlich den ersten Sonntag nach Michaelis.

Heute feiern Kirchen und Gartenbauvereine das Erntedankfest am ersten Sonntag im Oktober.

Gibt es in diesem Jahr eigentlich was zu feiern und zu danken? Die Kelter des Gartenbauvereins stand in diesem Jahr jedenfalls still. Es gab kein Obst. Die Bäume, die im letzten Jahr mit Früchten voll hingen, waren in diesem Jahr ohne Behang. Auch von den Beerensträuchern gab es kaum etwas zu ernten. Meine geliebten Brombeeren trockneten wegen Wassermangel aus.

Und was ganz selten vorkommt, unsere Imker in der Region – ich war auch betroffen- konnten Ende Mai von ihren Bienen keinen Honig ernten. Die Bienen lebten von März bis in den Juni von der Hand in den Mund. Erst war es zu feucht und zu kühl zum Ausfliegen, später zu trocken für einen Nektareintrag. Die Bestäubungsleistung litt natürlich ganz massiv hierdurch, was sicherlich mit ein Grund für die magere Obsternte in diesem Jahr ist. Die Bienenvölker stehen in Bezug auf die Populationsentwicklung stellvertretend für die Wildbienen. Auch diese hatten Probleme, genug Nahrung für die Aufzucht ihres Nachwuchses zu beschaffen.

Ich hatte den Eindruck, dass sich im Spätsommer die Wespenplage in Grenzen hielt. Auch dies sicherlich ein Indiz dafür, dass unsere Insekten in diesem Jahr sehr unter den ungünstigen Witterungsbedingungen litten. Wenn auch viele die Wespen beim Eis essen, nicht unbedingt vermissen.

Wer in diesem Sommer mal über die Felder der Flur, des Rothentals oder Tiergartens lief, der konnte dort Blühwiesen entdecken. Ich habe den Anblick sehr genossen und sicherlich auch viele unserer Wildbienen.

Das Referendum in Bayern für ein neues Naturschutzgesetz, dass dazu beitragen soll, die Artenvielfalt der Wildbienen zu erhalten, wurde von 1,8 Mio. Menschen durch Unterschrift unterstützt. Auf den ersten Blick ein überwältigender Zuspruch.

Vor ein paar Wochen jedoch lass ich in der Rheinpfalz, dass unsere Fluggesellschaften 4,1% mehr Fluggäste innerhalb der EU beförderten als im Vorjahreszeitraum. Kann das sein? Delegieren wir etwa den Klimaschutz an andere? Ich fordere von der Landwirtschaft, den Obst – und Milcherzeugern schonenderen Umgang mit unserer Natur, möchte aber gleichzeitig nicht auf billige Nahrungsmittel und Flugreisen verzichten? Herrscht hier eine Doppelmoral, wie selbst das Nachrichtenmagazin „Der Spiegel“ vor drei Wochen das Thema unter dem Titel „Klimaschutz ja – Verzicht auf Luxus (SUV) nein“ aufgriff?

Diese Doppelmoral darf jeder mit sich selbst ausdiskutieren. Wir Gartenbauer jedenfalls sind hier schon ein Stück weiter. Die meisten von uns pflegen einen kleinen Garten, genießen die selbst gemachte Marmelade oder den Saft von den ungespritzten Äpfeln, kaufen regional ein und engagieren sich für ihre Umwelt. Mittlerweile hat der Obst-und Gartenbauverein die Pflegepatenschaft von 1,5 ha. Streuobstwiesen mit ca. 160 Obstbäumen übernommen. Dies können wir nur leisten, weil wir sehr engagierte Mitglieder haben, die sich mit viel Spaß an den Arbeitseinsätzen beteiligen. An dieser Stelle an herzliches Dankeschön an alle, die sich nicht nur für unseren Verein, sondern für unsere Umwelt einsetzen.

Trotzdem möchte ich die eingangs gestellte Frage „Haben wir heute einen Grund uns für ein erfolgreiches Gartenjahr zu bedanken“?, mit einem klaren Ja beantworten.

Die Rahmenbedingungen für eine intakte Natur und den Gartenbau verschlechtern sich Zusehens. Das Frühjahr fällt immer kürzer aus. Der Sommer bringt Hitzewellen mit extremen Temperaturen und der Spätsommer ist extrem trocken. Das sind Auswirkungen, des nachlassenden Jetstreams der durch den Temperaturunterschied zw. dem Nordpol und dem Äquator entsteht und die Wetterlagen in Europa bestimmt. Mit jedem Quadratmeter weniger Eisfläche auf dem Pol heizt sich dieser stärker auf und verringert dadurch die Temperaturdifferenz zum Äquator. Der Stream lässt nach und strömt in Wellenform in 10 Km Höhe. Ausbuchtungen nach Süden lassen Kaltluft aus den Polregionen zu uns einströmen, schlagen die Wellen nach Norden aus, dringt heiße Luft aus der Sahara immer weiter zu uns vor. Dieses Phänomen wird derzeit von Wissenschaftlern weiter untersucht. Das kühle kurze Frühjahr und die Hitzewellen im Sommer sind Auswirkungen des klimabedingten Phänomens.

Die Prognose: Die Extreme werden zunehmen!

Für uns Gartenbauer bedeutet dies, dass wir uns den geänderten Klimabedingungen anpassen müssen. Zum Beispiel müssen wir auf Obstsorten zurückgreifen, die etwas später, außerhalb der Frostgefahr blühen und im Sommer auf trockenresistentere Pflanzen setzen.

Trotz dieser Einschränkungen und mit den Bildern vor Augen, die wir von den, durch Wirbelstürmen zerstörten Städten auf den Bahamas kennen,

oder den Überschwemmungen in den ostspanischen Städten, bin ich froh, in unserem liebenswerten und im Pfälzer Wald eingebetteten Hochspeyer leben zu dürfen.

Deshalb sagte ich heute am Erntedankfest,

  • Danke, dass wir vor Katastrophen verschont blieben
  • Danke, für die Blühwiesen, die an den Feldrändern angelegt wurden
  • Danke, für die vielen Helfer bei unseren Arbeitseinsätzen
  • Danke, für eine lebendige Dorfgemeinschaft, von der wir ein Teil sind
  • Danke, für die Einsicht, dass nicht jedes Jahr eine Rekordernte im Garten erwartet werden kann.

In diesem Sinne wünsche ich ein nachdenkliches Erntedankfest und in der gartenfreien Zeit viel Muße für eine gute Lektüre oder einen guten „Roten“