Leidenschaftliches Plädoyer für Streuobst
Im Anschluss an seine diesjährige Jahreshauptversammlung bot der OGV Hochspeyer seinen zahlreich erschienen Mitgliedern einen besonderen Leckerbissen. Die Steuobstexpertin Susanne Ecker aus Fischbach hielt im Cafe “Loch 19″ einen Vortrag zum Thema: Streuobst-warum wertvoll und gesund.”
Die Referentin, beruflich engagiert als Journalistin, begründete ihr hervorragendes Fachwissen mit der Weitergabe von Tipps ihrer Eltern und Großeltern. Sie wies darauf hin, dass im industriell landwirtschaftlichen Zeitalter niedrigstämmige Plantagenobstanlagen die Bedürfnisse unserer Konsumgesellschaft schneller und billiger befriedigen können. Im Zuge dieser Entwicklung ist der Streuobstanbau weitgehend zurückgedrängt worden. Dadurch erleiden Mensch und Natur erheblichen Schaden.
Unter Streuobst versteht man hochstämmige Obstbäume unterschiedlichen Alters und unterschiedlicher Arten und Sorten. Das Obst wächst auf locker stehenden Bäumen. Die Flächen werden nicht gedüngt und dienen als Grünland, Mähwiese oder Viehweide. Hier kann eine hervorragende Pflanzenvielfalt entstehen. Heute sind sie als Biotop stark gefährdet.
Die alten Obstsorten, die heute noch im Steuobstanbau verwendet werden, sind entwickelt worden, als Pflanzenschutzmittel kaum zur Verfügung standen. Sie sind daher gegenüber Krankheiten als besonders robust einzustufen. Bedingt durch das regionale Klima und die regionale Bodenbeschaffenheit sind manche Sorten auf wenige Dörfe beschränkt. Dem aktuell statttfindenden Insektensterben könnte durch eine Wiederbelebung von Steuobstwiesen entgegengewirkt werden. Unzähligen Tierarten bieten Streuobstwiesen Unterschlupf. Größter Anteil davon sind Insekten sowie Spinnentiere.
Nicht nur die Natur, sondern auch der Mensch wird von einem Streuobstrevival profitieren. Allergische Reaktionen, die unsere Lebensqualität erheblich einschränken, können verhindert werden. Alte Apfelsorten werden von Allergikern besser vertragen. In neueren Sorten, z.B. Delicious, wurden durch Züchtung Stoffe verringert, die den säuerlichen Geschmack bei einem Apfel erzeugen. Dieser Stoff nennt sich Polyphenol, welcher in alten Sorten noch vorkommt. Er ist in der Lage, das Apfelallergen zu neutralisieren. Äpfel mit einem besonders hohen Anteil an Polyphenol können also gut von Allergikern mit Apfelallergie vertragen werden.
Frau Ecker ermunterte das fachkundige OGV Publikum wieder mehr Initiative in Richtung Steuobstwiese zu zeigen und hatte offensichtlich den Nerv ihrere Zuhörer getroffen.
Der 1. Vorsitzende Alexander Mock bedankte sich für den informativen und hochaktuellen Vortrag.
25. Februar 2019 um 10:14
Hallo Alex,
die Sache mit den Polyphenolen habe ich irgendwie anders verstanden: Polyphenole sind nicht für den sauren Geschmack eines Apfels verantwortlich, sondern für das Braunwerden des Fruchtfleisches nach dem Anschneiden.
Außerdem schützen die Polyphenole als sekundäre Pflanzeninhaltsstoffe den Apfel vor schädigenden Einflüssen (Insekten, Pilze ..)
Fallen die Polyphenole weg, muss der Apfel andere Verteidigungsstrategien entwickeln, z.B. die verstärkte Bildung von bestimmten Proteinen, die dann an Stelle der Polyphenole zur Abwehr dienen können. Und diese Proteine sind für Apfelunverträglichkeit und Allergien verantwortlich.
Puh – so viel Text!
Ich fand den Vortrag exzellent – wissenschaftlich fundiert und trotzdem verständlich und mit viel Herzblut erzählt.